ME/CFS ist eine schwere, chronische Multisystemerkrankung. Trotz der enormen Tragweite erleben Betroffene in der Gesellschaft oftmals Unverständnis, viele leben auch ohne korrekte Diagnose. Im Auftrag der österreichischen WE&ME Stiftung hat FORESIGHT daher eine repräsentative Befragung unter 1.201 Personen durchgeführt, die erstmals eine Einschätzung über die Wahrnehmung von ME/CFS in der Bevölkerung gibt.

Jede*r Dritte ist von chronischen Krankheiten betroffen

Chronische Erkrankungen sind in der Bevölkerung weit verbreitet: 

• 3 von 10 Personen leiden laut Selbsteinschätzung schon jetzt an einer chronischen Erkrankung (abseits ME/CFS) wie Diabetes, Morbus Crohn oder Depressionen. 
• Ebenso viele geben an, nach einer Infektionserkrankung schon einmal für längere Zeit starke Gesundheitsprobleme gehabt zu haben. 

Ein Viertel (24%) aller Befragten, die über anhaltende Gesundheitsprobleme nach einer Infektionserkrankung berichten, hat sich bis heute nicht davon erholt (also ca. 7% der Gesamtbevölkerung). Hochgerechnet auf die erwachsene Bevölkerung sind das rund eine halbe Million Menschen in Österreich, die bis heute als Folge von zurückliegenden Infektionen mit starken Gesundheitsproblemen kämpfen.

Viele kennen das chronische Erschöpfungssyndrom, nur wenige ME/CFS

Fast drei Viertel kennen den Begriff chronisches Erschöpfungssyndrom (73%), während die myalgische Enzephalomyelitis (22%) und ihre Abkürzung ME/CFS (17%) weitaus weniger bekannt sind. Dies ordnet sich in Erfahrungsberichte von Betroffenen ein, dass ihr Zustand von anderen oftmals mit Erschöpfung verwechselt würde.

Dabei ist ME/CFS schon seit 1969 von der WHO als neurologische Krankheit klassifiziert. Typisch sind neben Schmerzen und grippeähnlichen Beschwerden u.a. Störungen der Gehirnfunktionen wie Konzentration und Sprache, extreme Licht- und Geräuschempfindlichkeit sowie ausgeprägte Kreislaufstörungen. Leitsymptom und Abgrenzung von anderen Erkrankungen ist die so genannte „Post Exertional Malaise“, bei der schon nach geringer körperlicher oder geistiger Belastung eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintritt. Je nach Schweregrad kann ME/CFS bis hin zum Verlust der Arbeitsfähigkeit und völligen Pflegebedürftigkeit führen. 

ME/CFS kann jede*n treffen – nur mich nicht?

Obwohl die Mehrheit denkt, dass ME/CFS jede*n treffen kann, wird die Wahrscheinlichkeit selbst daran zu erkranken, von den meisten gering eingeschätzt. 60% halten eine eigene ME/CFS-Erkrankung für sehr oder eher unwahrscheinlich. Auch die Sorge, man selbst oder Angehörige könnten an ME/CFS erkranken, ist überwiegend gering ausgeprägt. 

Fragezeichen über die aktuelle Versorgungslage

Ungewissheit herrscht in vielen Fällen über die aktuelle Versorgungslage von ME/CFS-Betroffenen. Im Hinblick auf Therapien und Beratungsstellen wird die Versorgungslage durch die Befragten klar überschätzt. Gleichzeitig sagt nur ein Drittel (35%) der Befragten, dass sie wüssten, wohin sie sich – sollten sie an ME/CFS erkranken – um Hilfe wenden könnten. 

Österreich sollte mehr tun, um Erkrankten zu helfen 

Für den Großteil der Bevölkerung ist dabei klar: ME/CFS ist eine ernstzunehmende Erkrankung und sie kann jeden treffen (je 74% stimmen sehr oder eher zu). 60% nehmen zudem ein erhöhtes Armutsrisiko von ME/CFS-Erkrankten wahr. Dementsprechend solidarisch zeigen sich die Befragten, 7 von 10 Personen vertreten die Ansicht, dass Österreich mehr tun sollte, um erkrankten Menschen zu helfen. 

Die WE&ME Stiftung bemüht sich darum, Mittel und Bewusstsein für die Forschung an ME/CFS zu schaffen, um die Situation der Patient*innen und ihrer Angehörigen zu verbessern. Weitere Informationen: https://www.weandmecfs.org 

Bildquelle: Foto von Towfiqu barbhuiya auf Unsplash